Erinnert ihr euch an meinen „Ich würde ja so gerne…“-Artikel aus dem April. In diesen Wochen ging es mir nicht gut, gar nicht gut. Alles einsam, eintönig, anstrengend. Ich war nervös, ausgelaugt, wusste oft nicht wohin mit mir, obwohl es ja trotz allem „viel“ zu tun gab. Home-Schooling, Home-Kindergarten. Home-Office, Home-house-work. Lauter Home-irgendwas und es gab Tage an denen ich dieses „Home“ nicht mehr ausgehalten habe. Ich wollte raus, weg, unseren „normalen“ Alltag, meine Freunde. Ich wollte all das einfach wieder haben. Und noch so vieles mehr und deswegen habe ich auf dem Blog meine „Ich würde ja so gerne“-Liste veröffentlicht.
Jetzt haben wir Juli und – was soll ich sagen . Das Leben rockt wieder. Also im Großen. Die Inzidenzen sind gefallen, die Anzahl der Gäste, die irgendetwas zu feiern haben, ist fast unbegrenzt, alles hat auf, alles kann, alles darf. Mit und ohne Test, mit Impfung oder genesen. Oder alles gleichzeitig. Ich kenne mich immer noch nicht – oder nicht mehr – aus mit alle diesen Regelungen und ich bin müde, viel zu müde, sie zu studieren.
Schön finde ich das trotzdem. Irgendwie. Im kleinen. Und ich kann hier und heute einige Dinge auf meiner Liste abhaken. Und trotzdem bleiben die mir persönlich am wichtigsten Punkte liegen, undurchgestrichen, unabgehakt, nicht machbar, nicht einlösbar.
Vieles ist lockerer geworden. Die Kinder sind in der Schule und im Kindergarten. Wir waren wandern mit Einkehr, ich treffe meine Freunde wieder. Ich bin zweimal in der Woche im Büro. Ich habe an zwei Vormittagen Zeit für mich. Ich bin geimpft. Wir haben ein Wochenende am Bodensee verbracht. Ich habe ein bisschen I C H zurückgewonnen.
Aber, und ja, es gibt ein großes A B E R… ich kann meinen Kindern – allen Kindern – nicht ihre Unbeschwertheit zurückgeben. Sie haben in den letzten Monaten bedingungslos und ohne groß zu fragen uns Eltern und die älteren Menschen geschützt. In dem man sie nach Hause geschickt hat. In dem man ihnen aufgebürdet hat auf so vieles zu verzichten. Ihre Feste, ihre Freunde, ihre Hobbies. Sie haben vieles verpasst. Schul- und Kindergartenfeste, Ausflüge, die ersten Dates, die große Liebe, Kindergarten- und Schulalltag. Geburtstagsfeiern und die kleinen und großen Streitereien, aus denen sie sozial gestärkt herausgegangen wären. Ohne großes Aufbegehren haben sie all das geschluckt. Sie waren stark und tapfer. Mit Sicherheit jedes einzelne Kind. Und doch sind es all die kleinen und großen Kinder, Teenies und jungen Erwachsenen, denen man so vieles genommen hat. Einfach weil es bequem war, weil es für sie keine große Lobby gibt, weil kein riesiger Batzen Geld oder kein großer Konzern dahinter steckt.
Sie sind die Leidtragenden in dieser Pandemie. Und das schlimme ist, sie werden es weiter sein. Während die Uefa sich selbst feiert mit einer EM, deren Ausmaß an Rücksichtslosigkeit alles übertrifft, stellt sich unsere Regierung zur Pressekonferenz auf und stellt schon mal klar, dass es im Herbst wieder Distanzunterricht und Home-Schooling geben wird. Dass sie weiter verzichten müssen, dass es jene zu schützen gilt, die älter sind, eine große Lobby oder einen geileren, besser bezahlten Job haben, jene die nicht geimpft werden können oder noch schlimmer nicht geimpft werden wollen.
Und keiner dieser Möchtegern-Politiker, Analytiker, Sachverständigen und Gesundheitsexperten denkt je daran, dass unsere Kinder, die, deren Leben gerade verpfuscht wird, U N S E R E Zukunft sind.
Und so verschwinden meine Punkte „den Kindern ihre Kindheit im letzten Jahr zurückgeben“, „den Kindern ihre Angst in dieser Zeit nehmen“, „das Wissen, wie Kinder und Familien zu Grunde gerichtet werden aus meinem Kopf streichen“, „den Kindern ihre Unbeschwertheit zurückgeben“ in einem völlig undurchsichtigen Nebel aus Luftfiltern, die es nie geben wird, Zahlen, die wieder steigen, Regierungsarbeit die nur die Global Player rettet, Maskendeals, Delta-und Lambda-Varianten und dem Wissen, dass Kinder nach wie vor zu wenig Gehör finden in einer Welt in der es nur die ganz Großen schaffen.
Es ist traurig, macht wütend und sprachlos. Ich weiß schlicht und ergreifend einfach nicht mehr, was ich dazu sagen soll und so versuche ich im ganz Kleinen den Kindern ab nächster Woche wunderschöne Sommerferien zu zaubern. Und ich hoffe inständig, dass sie trotz all der schweren Last irgendwie heil und gestärkt aus dieser Sacher hervorgehen.
Bis bald und dann hoffentlich mal wieder mit einem leichteren Text.